Paris, Lauterbach
Dieses Wochenende habe ich fast nur Überschriften gelesen, ein paar Kommentare, und zu viele Tweets und Facebook-Links. Ich habe „Brennpunkte“ gesehen und „heute Spezials“. Nichts davon hat mir weitergeholfen, die Lage der Welt, Europas, der Nation oder unseres kleinen Lebens besser zu verstehen.
Ich las von Kriegsgeschrei, Überwachungsphantasien ohne jede Grundlage, gut gemeinten Durch- bzw. Aushalteparolen, politischen Wirrköpfen und Scharfmachern am rechten Rand, realitätsabgekoppelten Träumern am linken Rand, von Trauer und Gemeinschaft in Paris, von Solidarität, vom Bündnisfall, von Grenzkontrollen, von der angeblichen Bereitwilligkeit der Franzosen, sich die so kostbare Liberté einschränken zu lassen, uvm.
Nichts davon hilft mir verstehen, weil es alles so reflexhaft vereinfachend, als Schnellschuss in einer unübersichtlichen Zeit mit so vielfältigen Interessenverbindungen, kaum durchschaubaren (welt-)politischen Allianzen, und einer medialen Tagesagenda mit der Halbwertzeit eines Markus-Söder-Tweets daherkommt.
Wahrscheinlich wird auch das wieder vorbeigehen und wir gehen unserem Leben nach, nehmen das Säbelklappern der Politik hin und halten Matthias Döpfner doch irgendwie für einen klugen Menschen. Oder auch nicht. Ich weiß es nicht. Woher auch?
Zwischen all dem spielten, tanzten und sangen unsere Kinder und malten mit Wachsmalstiften. Sie bekamen von dem Horror nichts mit und wir stiefelten über unsere staubige Baustelle und hofften, dass die Handwerker in den nächsten Wochen bitteschön schnell und ordentlich ihren Job machen, damit wir im Advent in den eigenen vier Wänden in einer Provinzstadt recht weit abseits des Weltgeschehens zur Ruhe kommen können.
Inshallah, so Gott will!
#refugeeswelcome
Nachträge:
Bisweilen tut es gut, zu lesen, dass es anderen nicht anders geht. Johnny von Spreeblick hat das näher an der Sache und den im Raum stehenden Fragen formuliert. Aber am Ende ist er genauso ratlos.
Verwirrung, Ratlosigkeit, Ungläubigkeit ob der Wucht der Ereignisse kann auch zu Angst führen. Wie Wolfgang hier beschreibt, nicht so sehr vor dem offensichtlichen Terror, sondern vor denen, die mit dieser Angst spielen, weil sie ihren Interessen in die Hände spielen. Nazi, Fremdenfeinde, Alltagsrassisten, wie sie uns jeden Tag über den Weg laufen, die aber im Netz kommentierend besonders sichtbar werden. Und deren Worte Angst machen können. Auch implizit.