Tapio


Im Kopf

Neujahrsvorsätze 2017: Vier Dinge, die mir am Herzen liegen

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Während sich viele Menschen zum Jahreswechsel endlich „mehr“ (Sport, Lesen, Zeit für die Familie, etc.) oder „weniger“ (Gewicht, Alkohol, Zucker, Autofahren, etc.) vornehmen, habe ich mir vorgenommen, in diesem für Deutschland, Europa und die Welt so wichtigen Jahr, meinen kleinen Beitrag für das große Ganze zu leisten.

Einiges davon ist längst überfällig, aber manchmal braucht’s ja einen Impuls. Aber was soll’s. Das hier sind meine Neujahrsvorsätze. Teils lassen sie sich sogar sofort umsetzen.

Im Kopf

Trumps Wahlsieg offenbart unser eigenes Versagen

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Gestern nacht ist eingetreten, was eigentlich nie hätte passieren dürfen. Donald J. Trump (das J. steht für „Ich, wer sonst“) hat die amerikanische Präsidentschaftswahl 2016 für sich entschieden und wird im Januar der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Mit allen Konsequenzen: Wir wissen heute nicht, was von seinen Forderungen („Build that wall!“), Versprechen („Mexico will pay for it, I guarantee ya!“), Drohungen („We have nuclear weapons. Why aren’t we using them?“) und Verirrungen der guten Sitten „nur“ Show waren (als ob das nicht schlimm genug wäre) und was tatsächlich in praktischer Politik münden wird. Es kann sein, dass alles schon nicht so schlimm kommen wird, wie in der nächsten Zeit zu lesen sein wird.

Es kann aber auch noch schlimmer kommen. Der Mann ist nicht ausrechenbar. Er ist ein egomanischer Narzisst, dem The New Yorker heute bescheinigte, so einer wie er käme sonst eigentlich nur im „klinischen Umfeld“, sprich in der Klapse vor. So jemand hätte – so Clintons und Obamas absolut berechtigte Mahnung – nie Präsident werden dürfen. Wirklich nicht?

Und trotzdem – oder gerade deshalb, wie Michael Moore schon im Juni warnte – ist er es geworden. Lady Liberty

Kein Wunder, dass unsere (das heißt meine) von meist sehr liberal gesinnten, fest auf dem Grund der Demokratie stehenden Menschen geformte Filterblase, heute morgen mit einem Mentalkater allererster Güte aufwachte. Ganz so, als hätte man die ganze Nacht durchgesoffen, nur ohne Alkohol. Doch woran liegt das?

Im Kopf

9. November – Ein mahnendes Datum für Demokraten

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Es ist der 9.11.
Der Jahrestag der Pogromnacht von 1938.
Der Jahrestag des Mauerfalls.

Es ist ein Datum, das uns an unsere Verantwortung für Freiheit und Demokratie erinnert. Das uns zur ständigen Wachsamkeit und zum Kampf gegen Faschismus und Kommunismus gleichermaßen mahnt.

Ausgerechnet heute geht ein Mann als Sieger aus der US-Wahl hervor, der unseren wichtigsten weltpolitischen und wirtschaftlichen Partner USA mit Populismus, Rassismus, Misogynie, Isolationismus, Nationalismus, makroökonomischer Ignoranz und leicht verletzlichem Narzissmus zu regieren verspricht.

Die nächsten (mindestens) vier Jahre werden weltpolitisch und ich fürchte auch wirtschaftlich keine schöne Zeit. Umso wichtiger wird es sein, dass aufgeklärte liberale Menschen für Demokratie und Menschenrechte laut und hörbar bleiben.

In weniger als einem Jahr können wir durch die Bundestagswahl wenigstens dafür sorgen, dass in Deutschland eine Regierung zustande kommt, die ein offenes, liberales Weltbild vertritt und Europa stärkt. Ein starkes Europa werden wir brauchen. Nicht nur für die nächsten 4 Jahre.

(Soviel Rationalisierung musste jetzt sein. Ich geh jetzt wieder kotzen.)

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Dies habe ich ursprünglich morgens um sieben bei Facebook gepostet. Hier dokumentiert für Nachwelt und Suchmaschinen.

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Lesenswert am heutigen Tage:

The New Yorker – An American Tragedy

 

Im Kopf

Wir Demokraten sollten uns mehr zutrauen!

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WahlzettelMir scheint, angesichts der Wahlerfolge der AfD in Hessen und aller Voraussicht nach auch am nächsten Sonntag bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt (huch, lauter Doppelnamen!) gibt es unter liberal gesinnten Demokraten gerade nur eine dominante Reaktion:

„Es ist wie kurz vor 1933. Die AfD steht kurz vor der absoluten Mehrheit. Wenn sie erstmal die Macht hat, wird sie uns alle unterdrücken. Also wehret den Anfängen!“

Und das ist nur leicht überzeichnet.

Ganz ehrlich, mir schwingt da zu viel Panik mit. Und zu wenig Vertrauen in unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung (und unsere Verfassung, die einst gerade unter dem Eindruck der Naziherrschaft geschrieben wurde!). Zu wenig Zutrauen in das demokratische Parteienspektrum. Zu wenig Zuversicht, dass man eben doch aus Geschichte lernen kann.

Man könnte es nämlich auch so sehen:

Im Kopf

Paris, Lauterbach

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Dieses Wochenende habe ich fast nur Überschriften gelesen, ein paar Kommentare, und zu viele Tweets und Facebook-Links. Ich habe „Brennpunkte“ gesehen und „heute Spezials“. Nichts davon hat mir weitergeholfen, die Lage der Welt, Europas, der Nation oder unseres kleinen Lebens besser zu verstehen.

Ich las von Kriegsgeschrei, Überwachungsphantasien ohne jede Grundlage, gut gemeinten Durch- bzw. Aushalteparolen, politischen Wirrköpfen und Scharfmachern am rechten Rand, realitätsabgekoppelten Träumern am linken Rand, von Trauer und Gemeinschaft in Paris, von Solidarität, vom Bündnisfall, von Grenzkontrollen, von der angeblichen Bereitwilligkeit der Franzosen, sich die so kostbare Liberté einschränken zu lassen, uvm.

Peace for Paris

Nichts davon hilft mir verstehen, weil es alles so reflexhaft vereinfachend, als Schnellschuss in einer unübersichtlichen Zeit mit so vielfältigen Interessenverbindungen, kaum durchschaubaren (welt-)politischen Allianzen, und einer medialen Tagesagenda mit der Halbwertzeit eines Markus-Söder-Tweets daherkommt.

Wahrscheinlich wird auch das wieder vorbeigehen und wir gehen unserem Leben nach, nehmen das Säbelklappern der Politik hin und halten Matthias Döpfner doch irgendwie für einen klugen Menschen. Oder auch nicht. Ich weiß es nicht. Woher auch?

Zwischen all dem spielten, tanzten und sangen unsere Kinder und malten mit Wachsmalstiften. Sie bekamen von dem Horror nichts mit und wir stiefelten über unsere staubige Baustelle und hofften, dass die Handwerker in den nächsten Wochen bitteschön schnell und ordentlich ihren Job machen, damit wir im Advent in den eigenen vier Wänden in einer Provinzstadt recht weit abseits des Weltgeschehens zur Ruhe kommen können.

Inshallah, so Gott will!

#refugeeswelcome

Nachträge:

Bisweilen tut es gut, zu lesen, dass es anderen nicht anders geht. Johnny von Spreeblick hat das näher an der Sache und den im Raum stehenden Fragen formuliert. Aber am Ende ist er genauso ratlos.

Verwirrung, Ratlosigkeit, Ungläubigkeit ob der Wucht der Ereignisse kann auch zu Angst führen. Wie Wolfgang hier beschreibt, nicht so sehr vor dem offensichtlichen Terror, sondern vor denen, die mit dieser Angst spielen, weil sie ihren Interessen in die Hände spielen. Nazi, Fremdenfeinde, Alltagsrassisten, wie sie uns jeden Tag über den Weg laufen, die aber im Netz kommentierend besonders sichtbar werden. Und deren Worte Angst machen können. Auch implizit.

Im Leben

Kindergartennormalität – #bloggerfuerfluechtlinge

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Wanderungsbewegungen, Migration, verändern ein Land. Wir wohnen im Frankfurter Norden. Die Nordweststadt ist nur einen Steinwurf entfernt, Bonames mit dem stadtweit berüchtigten Ben-Gurion-Ring nur eine U-Bahn-Station. Von den Stadtteilen heißt es, sie seien „soziale Brennpunkte“. Was die Leute damit meinen ist: Mietskasernen, Leute mit geringem Einkommen und eher unterprächtiger Bildung, hoher Anteil an Ausländern. An Ausländern, die schon immer hier sind. Aber irgendwie immer noch nicht dazu gehören, obwohl sie längst Teil Deutschlands sind. Schon in dritter, vierter Generation oft. Die Politik spricht dann gern von Durchlässigkeit des Bildungssystems, von sozialem Aufstieg, davon, dass auch seitens der Ausländer der Wille zur Integration da sein muss, damit sich keine Gettos bilden. Kennt man ja.

Großstadtnormalität

Im Kopf

Freie Demokraten #FDP – Keine Partei für jeden, aber eine Partei für alle

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Das Setting ist der überwiegend grauhaarigen Stammwählerschaft geschuldet. Das große Haus des Staatstheaters Stuttgart mit seinen Stuckdecken, den hohen Rängen und Kristalllüstern ist seit Parteifreundsgedenken der Ort des Dreikönigstreffens der FDP. Doch heute hätte der Kontrast zum Geschehen auf der Bühne kaum stärker sein können. Keine Spur von Traditionsduselei, statt dessen ein lautes Signal zum Aufbruch.

Im Leben

Eiskalte Eier für die Karriere? Ein fatales Signal.

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Apple und Facebook bieten Mitarbeiterinnen an, ihre Eizellen einzufrieren, damit sie das Kinderkriegen, so sie es denn planen, auf später verschieben können. In einem Land, dessen Krankenhäuser schon bei Betreten der Notaufnahme eine Kreditkarte sehen wollen, wird das als „Benefit“ für die Mitarbeiterinnen verkauft. Schließlich will man die besten und talentiertesten Leute für das Unternehmen gewinnen. Das kann man, wie Elisabeth Oberndorfer in ihrem Blog, gut finden.

Oder ein fatales Signal an Frauen und Männer, die beides wollen, eine berufliche Karriere machen und eine Familie gründen.

Im Kopf

Ach, du bist jetzt auch in der FDP?

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Ja, der liberalen Idee(n) wegen.

Der Herbst der Häme ist vorbei, das neue Jahr in vollem Gange, die Große Wohlfühlkoalition für die zukunftsängstliche Mehrheit der Deutschen hat ihre erste Krise und ansonsten ist der Politbetrieb in Berlin ist zur Tagesordnung übergegangen. Die FDP hat eine neue Führungsspitze, die jetzt beweisen muss, dass sie einer Partei, die in den vergangenen Jahren verlernt hat für etwas zu stehen, wieder Haltung und Selbstvertrauen vermitteln kann. Fähnchen-im-Wind-Verhalten und Klientelgefälligkeiten haben die FDP in den Graben gefahren, jetzt ist es an einer neuen Mannschaft, den Karren gemeinsam aus dem Dreck zu schieben (nicht zu ziehen, denn es sitzen alle im gleichen Graben).

In dieser Situation wollen viele helfen. Allein in Frankfurt sind seit der Bundestagswahl etwa 60 neue Mitglieder im FDP-Kreisverband zu verzeichnen. Ich bin einer von ihnen.

Im Kopf

Ich will das nicht

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Der Verlauf der Diskussion über den globalen Abhörskandal erinnert ich zunehmend an die die „fünf Phasen des Sterbens“ von Elisabeth Kübler-Ross.

Schon die ersten Enthüllungen von Edward Snowden waren so unglaublich, dass man sie – Phase 1 – nicht wahrhaben mochte. Als das Ganze etwas gesackt war, kam – Phase 2 – der Zorn auf die Umstände hinzu. Dann setzte die Ratio ein, und man versuchte, über die Sache zu verhandeln (politischer Druck, Aktivismus, Phase 3). Inzwischen habe ich das Gefühl, wir gleiten schon in Phase 4, die Depression, ein verzweifeltes Erstarren angesichts der Umstände über.

Was ich aber nicht möchte will, ist Phase 5: Die Akzeptanz. Die Akzeptanz dessen, dass wir vermeintlich staatlichen Organen ohne nennenswert wahrnehmbare öffentliche Kontrolle und Begrenzung ihrer Macht ausgeliefert sind.

In einer Demokratie sollten Bürger nie das Gefühl haben, irgendetwas schutzlos ausgeliefert zu sein. Schon gar nicht dem Staat, der sie laut Verfassung schützen soll.

Wenn jetzt in den USA Dienste für verschlüsselte E-Mail wie Lavabit und Silent Circles „Silent Mail“ ihren Dienst einstellen, weil der Druck der amerikanischen Behörden auf die Betreiber so hoch ist, dass ihnen nur noch die Flucht in den – um im Bild zu bleiben – Freitod bleibt, dann resignieren kluge Menschen vor ihrem eigenen Staat. Ein Staat, der Unternehmer unter Druck setzt, mit intransparent agierenden Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten zusammenzuarbeiten und sie zugleich ihres Rechts auf freie Rede beraubt, ein solcher Staat agiert totalitär. Das ist im Falle der USA – dem „Land of the Free“ – beängstigend und darf sich so in Deutschland nicht in ähnlicher Form ereignen.

Ich ertappe mich inzwischen regelmäßig bei der Nutzung von diversen Online-Diensten bei dem Gedanken, dass alles, was ich gerade tue von Maschinen, Algorithmen und womöglich dann auch Menschen gesehen, analysiert und bewertet wird. Die Schere im Kopf schneidet in mein digitales Leben ein. Ich will das nicht.

Ich will nicht – gerade als jemand, der mit Beratung auch im Digitalen sein Geld verdient – ständig mein Verhalten und meine Worte oder hochgeladenen Bilder oder die Wahl meines Aufenthaltsortes daran ausrichten müssen, was daraus möglicherweise abgeleitet werden könnte. Von Algorithmen, die mich nicht kennen.

„Die Gedanken sind frei, niemand kann sie erraten“, ja! Doch das Internet ist – dachte ich bis vor Kurzem – ein Ort wo sich freie Gedanken entfalten, gegenseitig beflügeln und zumindest in Demokratien ungehindert verbreiten können. Je tiefer sich die Schere im Kopf in mein, in unser Online-Verhalten frisst, desto weniger ist dieses Ideal noch wahr. Ich will das nicht.

Ich fürchte, wir – und damit meine ich alle Gesellschaften freiheitlich verfasster Demokratien, nicht nur die hochvernetzten Digitaleros – stehen vor der Wahl, das Internet wie wir es meinten zu kennen, jetzt sterben zu lassen und diesen Umstand nach einer langen Phase der Depression schließlich zu Akzeptieren; oder wir stellen uns darauf ein, Grundwerte, wie sie die deutsche Verfassung m.E. vorbildlich formuliert auch kämpfend zu verteidigen.

Am 22. September ist Wahl in Deutschland. Leider (oder zum Glück) gestaltet Politik auch noch andere Lebensbereiche, sodass die Wahl der richtigen Parteien diesmal komplizierter wird denn je. Doch ich persönlich werde dem Thema Netzpolitik und den Positionen der Parteien zum Thema Kommunikationsüberwachung durch Geheimdienste und Ermittlungsbehörden ein besonderes Gewicht geben. Eigentlich wollte ich das nicht. Aber es ist die deutlichste demokratische Form eines Kampfes für Werte, die mir wichtig sind.